Gitarrenzauber beschert dem Publikum wieder magische Momente in der Groß-Rohrheimer Bürgerhalle

Der regelmäßige Besucher dieser außergewöhnlichen Konzertreihe weiß ja um die überragende Qualität dieser Veranstaltung. Trotzdem überrascht es immer wieder aufs Neue, welchen Sound eine einzelne akustische Gitarre zu erzeugen vermag. Beim Gitarrenzauber am Sonntagabend gaben sich einmal mehr sechs Virtuosen auf sechs und mehr Saiten ein Stelldichein auf der Bühne. Das Publikum in der vollbesetzten Groß-Rohrheimer Bürgerhalle kam – wie letztlich immer – aus dem Staunen nicht mehr herauskam und bejubelte nicht zuletzt die Vielfalt dieses Akustik-Konzerts.

GZ2015_01Doppelter Glücksfall

Don Alder beispielsweise ist so ein Vertreter seiner Zunft. Und für den Gitarrenzauber 2015 ein Glücksfall. Eigentlich hatte Xavier-Naidoo-Gitarrist Alex Auer dem „Gitarrenzauberer“ Andreas Cuntz und der mitveranstaltenden Musikkiste fest zugesagt. Er musste aber schweren Herzens passen, weil ein lukratives Angebot in Los Angeles lockte. So präsentierte Cuntz mit Don Alder kurzfristig einen neuen Künstler.

Gitarrenzauber geht weiter

Die Erleichterung im Publikum war greifbar, als Andreas Cuntz zu Beginn des Konzerts versprach: „Der Gitarrenzauber geht weiter“.

Noch unklar ist indessen der Termin und die Gestaltung des Konzertabends. „Wir werden vielleicht ein bisschen umbauen oder erweitern.“ Aber die Veranstaltung bleibt bestehen“, sagte Cuntz, begleitet von starkem Applaus.

Klar ist aber schon der Vorverkaufsstart für den Gitarrenzauber 2016: Es ist der 15. Dezember 2015.

Der Gitarrenzauber war entstanden im Zusammenhang mit den Aktivitäten von Andreas Cuntz rund um die Frankfurter Musikmesse. Nachdem Andreas Cuntz ab 2016 nicht mehr an der Musikmesse teilnehmen wird, war unter Fans die Sorge groß, dass auch der Gitarrenzauber nicht mehr stattfinden werde.

Für das aktuelle Konzert waren die Karten so schnell verkauft wie noch nie zuvor: Binnen sechs Wochen waren alle 620 Tickets für die Groß-Rohrheimer Bürgerhalle weg. bjz
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Der vielfach ausgezeichnete Kanadier gewann sein Publikum sehr schnell nicht nur mit verschmitztem Humor, sondern auch durch sein überragendes Spiel. Eine längere Krankheit nach einem verunglückten Bootsausflug ließ den jungen Don Alder Gitarre lernen. Weil er aber mehrere Instrumente spielen wollte, musste er alles mit der Gitarre imitieren. Dies hat er mit Hilfe einer wieselflinken Fingerstyle-Technik perfektioniert. Noch hat Alder kein eigenes Cuntz-Instrument, durfte sich für einen Song aber eine Bariton-Gitarre ausleihen. Zum Schmaus für Augen und Ohren geriet auch die selten gespielte Harfengitarre mit zwölf Saiten und zwei Schalllöchern – Don Alder ist auch hierauf ein Meister.

Nicht minder staunen ließ Mike Dawes, der vor zwei Jahren sein erstes Konzert außerhalb seiner britischen Heimat in Groß-Rohrheim gab und seitdem die ganze Welt bereist. Sein großer Hit ist eine Adaption des Songs „Somebody That I Used To Know“ nach der Version der Band Walk Off The Earth. Dort bespielen fünf Musiker gleichzeitig eine Gitarre. Dawes erledigt diesen Job alleine – das Youtube-Video hat über 3,5 Millionen Klicks.

Ein weiterer von vielen Höhepunkten: Dawes und Petteri Sariola intonierten gemeinsam den David Guetta-Hit „Titanium“ in einer dynamisch-kraftvollen Akustik-Version. Der Finne mit den fliegenden Fingern gehört sozusagen zum Inventar des Gitarrenzaubers. Auch Sariola übernimmt – ergänzt nur von Halleffekten und kleinen Sound-Spielereien – den Job einer kompletten Band. Seinen Auftritt feierte Groß-Rohrheim einmal mehr zu Recht. Zumal Sariola erstmals das Instrumentenkabel abklemmte und für einen Song durchs Publikum spazierte. Seine Versionen von Whams „Wake Me Up, Before You Go-Go“ und Coldplays „Fix You“ sind eine Klasse für sich.

Einen ganz anderen Stil pflegt Chatz Kostas, der die Stilmittel des Barock mit Jazz und Blues vermengt. So vermischt er die Kunst des Kontrapunktes mit „The Days Of Wine And Roses“. Dabei entpuppte sich Kostas nicht nur als Saitenvirtuose, sondern auch als passabler Sänger, der das Publikum auch mit sonorer Stimme einzufangen vermochte. Auf der anderen Seite steht Gitarrenzauber-Urgestein Martin Harley, der dem Abend mit Bluegrass-Rhythmik einen Hauch von Country-Romantik verlieh, aber auch melancholische Töne anschlug. Ein intensives „Chocolate Jesus“ setzte den fulminanten Schlusspunkt unter seinen Solo-Beitrag.

Den Eisbrecher übernahm Stefan Picard, der mit cleveren Texten zwischen fröhlich und traurig changiert und Sprechtexte mit Gesang abwechselt und so das Publikum zur Aufmerksamkeit zwang, die den ganzen Abend über anhielt. Phasenweise hätte man die berühmte Stecknadel fallen hören – so intensiv schlugen die Künstler das kundige Publikum in ihren Bann. Dies ist allerdings auch das Verdienst von Tontechniker Armin Engelhard, der einen vollkommen rauschfreien, kristallklaren Sound produzierte, der die Cuntz-Gitarren in aller Brillianz zur Entfaltung kommen ließ.

© Südhessen Morgen, Dienstag, 21.04.2015, Bernhard Zinke