„Gitarrenzauber“ lockt mehr als 600 Besucher in die Bürgerhalle nach Groß-Rohrheim. Aussteller aus ganz Deutschland bieten ihre handgefertigten Instrumente an.

GROß-ROHRHEIM – „Wie viel kostet die Gitarre?“, wollte ein kleiner Junge wissen, dem es eine noch kleinere Ukulele angetan hatte. Joe Striebel (45), Gitarrenbaumeister aus dem bayerischen Wolfratshausen, sorgte mit seiner Antwort für große Augen: „Die bekommst du für 800 Euro.“ Aus dem Geschäft wurde nichts, weil die Mutter dann doch etwas dagegen hatte. Doch in mehreren anderen Fällen wurden sich Händler und Käufer einig.

Der britische Country-Star Martin Harley intoniert mitreißende Stücke auf der Slide-Guitar. Foto: Thorsten Gutschalk

Saitenweise gute Musik bekamen die Besucher beim jüngsten Gitarrenzauber in Groß-Rohrheim auch noch auf die Ohren. Zu dem bei Freunden der handgemachten Musik beliebten Indoor-Festival kamen mehr als 600 Besucher. Das Event wird von der ansässigen Musikkiste e.V. in Kooperation mit dem Gitarrenhersteller „Cuntz Guitars“ organisiert. Mit einem Konzert am frühen Abend endete das Klangerlebnis.

Die ersten Besucher kamen schon am Vormittag zur Bürgerhalle. Dort fand zum vierten Mal in Folge eine Gitarrenausstellung statt. Namhafte Hersteller aus ganz Deutschland präsentierten ihre Instrumente. Egal ob aus Fichte, Nussbaum, oder Ahorn – der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. An den Ständen wurde gefachsimpelt und so mancher Gast ging mit einer neuen Gitarre nach Hause.

Die Gespräche fanden mal auf Deutsch, mal auf Englisch statt, denn das Publikum, das nach Groß-Rohrheim kommt, ist international. Sogar aus Japan und China waren potenzielle Käufer angereist. Anfänger, Hobby-Spieler und Profis waren unter den Besuchern. Einige ließen es sich nicht nehmen, selbst einmal Hand an eine Gitarre zu legen.
„Hier gibt es nichts von der Stange zu kaufen“, machte Gitarrenbaumeister Striebel deutlich. „Bei unseren Produkten handelt es sich um handgemachte Erzeugnisse“. Das fängt demnach schon mit dem verwendeten Material an: „Ich benutze fast nur einheimisches Holz.“ Vor allem die Alpenfichte aus seiner Heimat Bayern hat es ihm angetan. „Der Klang hat einen ganz eigenen Charakter.“

Wolfgang Meffert (61) war aus dem Sauerland angereist, um seine Produkte zu bewerben. Der Musiklehrer hat sich als Autor von Fachliteratur einen Namen gemacht. Eines seiner Gitarren-Lehrbücher hat es auf die nationale Beststellerliste geschafft und wird demnächst auch auf Englisch erscheinen. Viele, die ihn an seinem Stand besuchten, fragten nach den korrekten Griffen, die es ihnen ermöglichen sollten, ihre Lieblingssongs zu spielen.

Manchmal hatten seine Tipps allerdings auch einen medizinischen Wert. „Vorhin war jemand da, der meinte, er könne aufgrund einer Handverletzung nicht mehr Gitarre spielen“, sagte Meffert. Der Mann habe jedoch jahrelang eine Fehlhaltung der Finger beim Spielen gehabt. „Als ich ihn spielen sah, ist es mir sofort aufgefallen“, bemerkte er.

Fünf großartige Gitarristen, die ihre Instrumente bei Andreas Cuntz in Crumstadt beziehen, traten am frühen Abend auf. „Wir bringen Künstler aus aller Welt in unsere Region“ stand auf einer großen Info-Tafel zu lesen. Die Show in Groß-Rohrheim ist inzwischen das größte Akustikgitarren-Festival in Deutschland. Auf der Bühne griffen Steph MacLeod, Martin Harley und Mike Dawes aus Großbritannien, Petteri Sariola aus Finnland und der Deutsche Alex Auer in die Saiten. Auer spielt in der Band von Xavier Naidoo. Der britische Country-Star Martin Harley brachte das Kunststück fertig, mit seinem kürzlich gebrochenen Daumen mitreißende Stücke auf der Slide-Guitar zu intonieren.

Harleys Landsmann Mike Dawes war mit der Empfehlung angereist, zum zweiten Mal hintereinander von einem internationalen Musikmagazin den Titel „Bester Akustikgitarrist der Welt“ erhalten zu haben. Bei so viel Qualität auf der Bühne war es kein Wunder, dass die 600 Eintrittskarten für das Konzert schon nach wenigen Tagen ausverkauft waren.

Quelle: Echo Online vom 9.4.2019, von Manfred Ofer